1986 England

An einem Freitag, dem 13.!!!, hob ich mit Christine Richtung England ab. Fly and Drive hatten wir gebucht.

Am Vormittag der Abreise kam ein Anruf vom Reisebüro. Wir mussten uns früher als geplant am Airport einfinden. Unser Flug wurde mit einem anderen zusammengelegt, weil unser Flugzeug in die Werft zur Kontrolle musste. Dies nachdem sich bei einem anderen desselben Typs die hintere Tür nach einer Notlandung nicht öffnen liess.

Unser Kollege, der uns zum Flugplatz fahren sollte, konnte nicht rechtzeitig von der Arbeit weg. Die Zeit wurde sehr knapp. Wir rannten durch das Flughafen-Gebäude, knallten das Handgepäck auf das Band, eilten zum Flugzeug – und blieben vorerst ausgesperrt. Da standen wir auf der Treppe, draussen vor der Tür, während drinnen die Sicherheitsbestimmungen vermittelt wurden. Als wir uns erschöpft in die Sitze fallen liessen, sagte Christine: Hier übrigens deine Handtasche. Du hast sie auf dem Band liegen gelassen. Bis dahin hätte ich mir nicht vorstellen können, dass mir das jemals passieren könnte!

Statt dem gebuchten Direktflug mussten wir in Stuttgart zwischenlanden. Transit gab es nicht, Tickets hatten wir keine entsprechenden. Und das zu Zeiten der RAF! Ein Glück, konnten wir nach Leibesvisitation und Befragung doch noch zurück ins Flugzeug. Dort warteten wir und warteten. Ein Mann im Arbeitsgewand schritt durch den Gang nach hinten. Ein zweiter folgte bald mit einem Werkzeugkoffer. Die Durchsage von Captain Pollok: leider sind wir verspätet. Bei der Kontrolle liess sich die hintere Türe nicht öffnen. Das wird gleich erledigt sein. Doch es dauerte. Die etwa vierte Durchsage von Captain Pollok beunruhigte uns eher: Bald werden wir starten, doch da sich die hintere Türe nicht öffnen lässt, müssten wir im Notfall die vordere benutzen. Immerhin, wir rollten zum Start.
Über dem Kanal schüttelte es uns durch. Die Becher kippten, das Besteck flog durch das Flugzeug – aber wir landeten sicher in London, um Mitternacht.

Der Schalter der Autovermietung war bereits geschlossen. Telefonisch meldeten wir unsere Ankunft. Alles ok, wir sollten abgeholt werden. Eine Stunde später. Keiner kam. Wir riefen wieder an: Wir haben doch zwei Schweizer Frauen abgeholt! Aber nicht uns! So gegen vier Uhr morgens konnten wir uns erschöpft ins Auto fallen lassen. Ich war zu müde zum Fahren, doch Christine übernahm das Steuer und fuhr absolut sicher auf die Autobahn – bei Linksverkehr. Chapeau!
Kein Hotel oder Motel weit und breit. Irgendwann mochte Christine nicht mehr fahren. Wir parkierten auf einer Autobahnraststätte, kugelten uns gekrümmt zusammen, versuchten zu schlafen, aber froren fürchterlich. Geweckt wurden wir unsanft im Morgengrauen vom Klopfen an die Scheibe. «Polizei, bitte öffnen!» Das kostet ??? ich glaube ca. Fr. 80.-. Ärgerlich für eine so miserable Nacht. Noch zweimal schliefen wir im Auto und froren. Es war Herbst, die meisten B&Bs waren geschlossen.

An unsere Route erinnere ich mich nicht mehr. Jedenfalls besuchten wir London, Bath und Land’s End. Unvergesslich, wie wir dorthin fanden. Am Morgen starteten wir von einem B&B. Es gab nur eine Strasse, parallel zum Meer. Es sah überall gleich aus: Wiesen und Schafe, der Himmel bewölkt. Die Pause in einem netten Pub bot eine tolle Abwechslung. In einer Kleinstadt war wegen Strassenbau eine Umleitung ausgeschildert. Schafften wir locker. Stunden später: Dieser Spielplatz! Sieht genauso aus wir jener, den wir am Morgen passierten. Noch ein paar Kilometer weiter, und wir fuhren tatsächlich am B&B vorbei, in welchem wir übernachteten. Unglaublich! Bis heute ist mir rätselhaft, wie wir das hinkriegten. Es muss bei der Umleitung geschehen sein!

Das Power-Shopping in London musste wir uns noch hart verdienen. Während Stunden fuhren wir durch die Vororte Richtung Zentrum – als Schweizer hatten wir keine Vorstellung von Grossstädten. Wir wollten in der Nähe der Autorückgabestelle übernachten. Doch einmal mehr war kein Hotel oder B&B in Sicht. Christine kurvte wie ein Profi-Driver durch die City und wieder raus. Wo wir letztlich schliefen, weiss ich nicht mehr. Aber die eleganten schwarzen Schuhe, die ich mir am nächsten Tag gönnte, trug ich jahrelang zu speziellen Anlässen und erinnerte mich jeweils schmunzelnd an unser Englandabenteuer!