Thailand vom 23.10.-25.12.1983
Das Fest mit Prinzessin und Prinz, heutiger König von Thailand
Im Inselparadies Koh Samui
Nach Pakistan und Indien erlitten wir in Thailand einen Kulturschock. Alles gab’s zu kaufen: modische Kleider, Elektronik, Video- und Musikkassetten, Kosmetik, Tesa, Fansidar (Tabletten als Malaria-Prophylaxe), usw.
Fernsehantennen ragten aus fast jeder Hütte. Im TV wurden westliche Filme gezeigt.
Der Boden war übersät mit Plastiksäckchen, in denen Softdrinks abgefüllte waren zum Mitnehmen – ein Plastikröhrli rein, ein Gummeli drum.
Geschockt hat mich die Respektlosigkeit gegenüber Tieren, deren Abschlachten. Auf dem Markt in Chinatown. Überall Fische und Hühner, die vor Ort geschlachtet wurden. Schweinegesichter zum Kaufen. Frösche, deren abgezogene Haut sich um den Hals rollte. Fische gab es gedörrt, tot, aber auch grosse lebende, denen bei lebendigem Leib der Hinterkörper abgehackt wurde. Durch den Vorderteil wurde eine Schnur, daran wurde das Tier an einer Stange aufgehängt, den Kopf nach unten. Der Leib zuckte noch lange, Blut ergoss sich über den sterbenden Fisch.
Hühner und Enten wurden samt Kopf und Füssen verkauft. Jene auch separat zum Kochen in der Suppe. Dort landen auch Käfer. Unwahrscheinlich, was diese Menschen alles essen!
Der 27.10. war ein besonderer Tag! Ein Arbeitskollege aus der Heimat kam an. Wir holten Georg am Flughafen ab. Er brachte uns Duschcrème und Schokolade aus der Schweiz. Wie Weihnachten!
Durch ihn lernten wir Edi und Madelaine kennen. Das ist eine ganz besondere Geschichte.
Als wir eines abends in Bangkok zu unserem Hotel schlenderten, fragte uns ein europäisches Pärchen, ob wir das Fredy Guest House kannten. Ja, wir wohnten dort. – Eure Heimat? – Auch Schweiz! – Heisst du Martha Kamber? Ich war völlig perplex.
Die beiden suchten tatsächlich uns. Edi und Madelaine aus unserem Nachbarort. In den Ferien besuchten sie ihren Cousin Guido, Georgs Freund. Von ihnen erfuhren sie von unserem Plan, nach Chiang Mai zu reisen. Dorthin wollten sie auch. Wir verstanden uns auf Anhieb bestens und verabredeten uns im Hotel Lek in Chiang Mai. Leider war dieses bei unserer Ankunft ausgebucht. Wir machten uns auf den Weg zum zweitbesten Hotel gemäss unserem Reiseführer. Doch dort kamen wir nie an, weil uns der Manager vom Happy House auf der Strasse dermassen aufdringlich anging, dass wir ihm nicht entrinnen konnten. Das Hotel war allerdings wunderschön und günstig. Also blieben wir und hinterlegten unseren Freunden im verabredeten Lek eine Nachricht. Ob wir unsere Freunde je wiedersehen?
Unglaublich, sie hatten bereits eingecheckt, als wir von einem Rundgang zurückkamen. Dabei erhielten sie unsere Nachricht gar nicht. Sie dachten wie wir: auf zum Hotel Nr. 2 im Reiseführer – und liefen auch dem Happy House-Mann in die Arme. Sagten ihm aber gleich, dass sie erst ihre Freunde finden wollen, bevor sie sich entscheiden. Ob diese from Switzerland seien? Martha Kamber? Unglaublich, nicht?
Wir verbrachten noch viele tolle Stunden auf Ausflügen mit Motorrädern, auf der Strassendisco, schipperten auf dem Mekong mit schwer bewaffneter Begleitung, jassten stundenlang und genossen einige Flaschen Mekong.
Ich war überzeugt, dass wir in der Schweiz unsere Freundschaft fortsetzen würden. Doch bis heute kreuzten sich unsere Wege nicht wieder.
Von Georg hörten wir später, dass Koh Samui der absolute Höhepunkt der Reise unserer Freunde war. Wären wir sonst hingereist? Hätte ich je meinen zukünftigen Mann kennengelernt?
Von Chiang Mai aus unternahmen wir viele Ausflüge zu Wasserfällen, Höhlen, Orchideenfarmen, Tanzvorführungen, Fabriken für Souvenirs (Schirme, Enten, usw.), Tempeln. Ein Dorf der Eingeborenen im Dschungel besuchten wir mit einem Führer und Chauffeur. Erst war die Enttäuschung gross, da es sich eher um einen Touristen-Markt handelte. Aufregend wurde es doch noch, als uns am Ende des Ortes ein älterer Mann in seine Hütte winkte:
Unser Führer zögerte die Hütte zu betreten (war’s echt?). Doch was wir drinnen vorgeführt kriegten, machte unseren Ausflug doch noch lohnend. Das schien ein Opium-Labor zu sein – wahrscheinlich auch nur Show. Zwei Bauern lagen auf dem Boden und rauchten. Sie wollten unbedingt, dass wir mitrauchten. Ich wäre dabei gewesen, aber Joschi hielt mich zurück. Unser Fahrer rauchte mit und steckte noch ein Kügelchen in die Hemdtasche.
Wir sollten Fotos machen. Verlangt wurde erstaunlicherweise nichts. Dafür kauften wir dem Bauer Ansichtskarten ab von den Opiumfeldern – seine Show hat uns wirklich beeindruckt.
Loi Krathong (Lichterfest) in Sukothai, der früheren Hauptstadt Thailands
Wir wollten eigentlich die Ruinen besichtigen. Doch da schien sich etwas anzubahnen. Wir positionierten uns in der Menschenmenge und warteten dreieinhalb Stunden, bis ein Helikopter landete, aus dem ein junger Mann stieg. Abends im Hotel erfuhren wir, dass es der Prinz war (seit 2017 König von Thailand). Er verliess später den Platz, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Er legte etwas nieder und entzündete ein Licht.
Wie ich Tage später der Zeitung entnahm, war dies das Fest des 700jährigen Siam-Alphabetes. So bewegten sich 700 Tänzerinnen in traditionellen thailändischen Wickeljupes zum Rhythmus des Gongschlages, verbeugten sich Richtung Buddha-Statuen und beteten. Dasselbe Ritual vollzogen hunderte von Knaben und Mädchen.
Zwei Tage später warteten wir drei Stunden lang auf die Prinzessin.
Nach dem Umzug mit weiteren 700 Tänzerinnen setzten wir uns an einen See und genossen das Lichtermeer und ein Feuerwerk.
Auf der Weiterreise verliessen wir die Touristenpfade. Die Verständigung wurde schwierig. Zwar hatten wir ein Buch, in welchem die Sehenswürdigkeiten auch in Thai geschrieben waren, doch abseits der Grossstädte konnten die meisten Menschen nicht lesen.
Wir flanierten an wunderschönen Stränden, gesäumt von Restaurants, Shops und Bungalows, doch blieben wir meistens die einzigen Gäste. Als Weisse wurden wir angestarrt und beobachtet.
Koh Samui – schicksalhaftes Treffen im Inselparadies
Beim Auschecken in Surat Thani (Fähre nach Koh Samui) trafen wir Paul aus Australien. Er empfahl uns die Bungalows von Mister Moon, Phalarn Inn, dies sei der beste Ort auf der Insel. Wir betraten ein Paradies.
Die Bungalows standen direkt am Meer zwischen unzähligen Palmen – wie im Paradies!
Der Strand ist ein Traum – gelb-brauner Sand, Palmen und Holzhütten, einige Bungalows, aber kein Mensch weit und breit.
Das Inselleben
In unserem Ressort wohnten fünf weitere Gäste. Die beiden Bungalow-Siedlungen vor dem nächsten Dorf schienen menschenleer.
Wir waren quasi von der Welt abgeschnitten: kein Telefon, keinen Strom – unser Luxus war ein Schlauch im Bad mit fliessendem Wasser zum Duschen.
Die einzige Fahrgelegenheit bot ein Taxi, das am Vortag gebucht werden musste. Es fuhr jeweils am Morgen um 10.30 Uhr auf der Ringstrasse vorbei.
Die Bungalows wurden im Palmenhain gebaut und bei Fertigstellung wie eine Sänfte zum Beach getragen und dort platziert.Als ich mal zum Bungalow zurück schlenderte, ergriff mich ein überwältigendes Gefühl. Diese Szenerie: Bungalows mit Bänkchen, Hängematte, Palmen und Sand, soweit das Auge reicht. Meer, ein Mann in seinem kleinen Boot in der stürmischen See. Kein Geräusch ausser dem Tosen des Wassers, dem Rauschen der Palmenblätter, dem Piepsen der Vögel. Kein einziger Mensch in Sichtweite. Einfach überwältigend. Ich glaubte, den Platz meiner Träume gefunden zu haben. Es könnte nicht schöner, nicht friedlicher sein.
Abends wurde während ca. zwei Stunden ein Generator eingeschaltet zum Kochen und Fernsehen. Als wir mal «auswärts» essen wollten, gingen wir dem Strand entlang zu den nächsten Bungalows. Die Sonne versank eben im Meer, einfach paradiesisch! Im Restaurant befanden sich sechs Gäste, darunter zwei Schweizermädchen. Gegen ein Uhr wurden wir vor die Tür gesetzt. Die Nacht war total finster, in den schäumenden Wellen schwärmten hunderte von Glühwürmchen.
Strand- und Nachtleben
Abends entfachten wir oft am Strand ein Feuer (mit Hilfe meines Magnesium), führten im Schein der Petrollampe hitzige Diskussionen, tauschten Reiseerfahrungen aus und gaben Geschichten zum besten wie z.B. über Skorpione im Bett und Giftschlangen auf der Strasse. Wir tranken Mekong (thailändischer Whiskey) und wandelten mit Kerzen in der Hand zurück zum Bungalow.
Einmal schliefen wir am Strand, in den Schlafsäcken. Doch die Sonne weckte uns zu früh!
Eine Nacht verbrachten wir sogar im Restaurant, auf den Bänken. «Ungeheuer» im Bungalow trieben uns auf die Flucht. Ich entdeckte zu später Stunde im Bad einen Tausendfüssler, ca. 20 cm lang, schon fast eine Schlange. Wir setzten ihn an die frische Luft. Doch der Blick auf unsere Schlafsäcke liess mich erschauern: überall Kot. Gab’s im Bungalow etwa noch andere Tiere? Wir beschlossen, «auswärts» zu schlafen. Ich konnte kaum ein Auge zu tun, fühlte es überall krabbeln.
Einmal ausgehen und tanzen musste schon sein. Wir bestellten ein Taxi und liessen uns in die Disco fahren. Da konnte ich mich nach Monaten mal wieder richtig «austoben», meine Gefühle ausleben – es war einfach höllisch.
Auf dem Drogen-Trip
Drogen gehörten zum Insel-Alltag. Nicht nur der Mekong-Whiskey. Der Sohn unseres Gastgebers fertigte Pfeifen aus Bambus an, schwedische Gäste boten Stoff an, auf der Menu-Karte wurden Frühstücks-Omeletten mit (magic) mushrooms angeboten, auf den Tischen Cookies mit Haschischinhalt – daran glaubte ich allerdings erst nach unfreiwilligem Test.
Ja, über diese Cookies wurde oft gescherzt. Wir hatten mitbekommen, dass es diese hausgemachten Stücke in sich haben. Als wir eines Abends hungrig vom Strand kamen, konnten wir den Cookies und Tortenstücken unter der Glasglocke nicht widerstehen. Später wurde mir ganz komisch, schwindlig. Im Moment wusste ich nicht warum. Trank ich Mekong? Nein, nur schwarzen Kaffee. War ich krank? – Cookies!!! Aber dann muss doch Joschi auch was merken. Ich schaue ihn fragend an. Keine Reaktion, nur ein Lächeln. Mein Zustand wurde schlimmer. Ich fragte die Deutschen, ob wir etwa von diesen Cookies assen. Ja, natürlich! Mich traf der Schlag, Joschi drehte gleich durch. Er schluckte zuvor noch zwei Schmerztabletten auf leeren Magen. Gemäss unseren Kollegen bewirkt ein einziges Cookie kaum etwas. Bei mir allerdings fuhr das Zeug ziemlich ein. Joschi bekam bei der Vorstellung, dass er Drogen erwischt hatte, Angstzustände, Herzflattern, zitterte am ganzen Körper und fror. Später im Bungalow wand er sich und schrie, fürchtete auszuflippen. Wir schwitzten dermassen, dass der Schlafsack nass wurde. Ich wachte noch mehrmals auf, hatte Visionen, öffnete immer wieder die Augen, um dies zu verhindern. Zeitweise fühlte ich meinen Körper nicht mehr. Ich bewegte mich um zu versichern, dass noch alles da war und funktionierte.
Wir haben’s überlebt und rissen am nächsten Tag Witze darüber. Drogen rührte ich bis heute nie mehr an.
Alltag auf der Insel
Der Alltag holte uns auch auf der Trauminsel ein. So bestellten wir ein Taxi, um in der Stadt Zwingendes zu erledigen: Einkaufen, Post, Bank, Tickets für die Fähre organisieren, usw. Später schlenderten wir mit den Kollegen dem Strand entlang ins nächste Dorf, wo sich Max und Joschi die Haare kurz schneiden liessen. Wir amüsierten uns über den frei rasierten weissen Streifen an der Schläfe, der Kopf- und Barthaar trennte. Der Thai-Coiffeure haben keine Erfahrung mit Bärten! Haare wachsen bei Männern meist nur an Muttermalen. Auf diese sind sie dann entsprechend stolz und lassen sie wachsen.
Maxma
Am 10.12. war Sonnenbaden angesagt. Ruhen, geniessen. Am Abend waren wir nicht mehr ganz nüchtern. Ich schlenderte mit Max (gestorben 15.2.22) zur Hängematte, setzte mich hin und kippte gleich rückwärts runter. Er nahm mich in die Arme und zeigte auf den hellsten Stern am Himmel und meinte, der sei der Maxma, für Max und Martha. Erst vier Jahre später fand diese Romanze eine Fortsetzung, am Silvester 1987 in Regensburg. Nach vier Tagen beschlossen wir zu heiraten.
Den Abschied von unserem Inselleben feierten wir mit einem besonderen Dinner. Wir bestellten Fisch, Frites, Salat, Punch und Früchte – wie im Schlaraffenland!
Am 12.12. verliessen wir unser Inselparadies. Es herrschte Weltuntergangsstimmung, als wir auf das Speedboot warteten (Überfahrt 2 ½ Std.). Für die Bahnfahrt nach Bangkok gönnten wir uns Sleeper 1. Klasse, so konnten wir mit unseren Kollegen zusammen reisen. Jeder Platz ein Fensterplatz und gepolstert. Sogar eine Klingel stand uns zur Verfügung. Als wir später vom Speisewagen zurückkamen, war das Bett schon gemacht. Was für ein Luxus!
Zurück in Bangkok wurden wir in den Reisealltag zurückgeworfen, mussten uns von Freunden trennen. Ich war echt down, weinte, litt.
Mit dem Weiterflug nach Manila klappte es nicht wie geplant, alle Flüge waren bis Weihnachten ausgebucht, da viele in Thailand arbeitende (katholische) Phillipinos über Weihnachten nach Hause flogen. Erst am 25.12. konnten wir weiterreisen. So mussten wir auch noch das Visum für Thailand verlängern. Auf dem Immigration Office übergab man uns vorerst lediglich zwei Formulare zum Ausfüllen – Joschi soll gefälligst im Hemd erscheinen.
Wir hielten es nicht mehr aus in der Stadt und fuhren für die letzten Tage nach Hua Hin. Damals ein Dorf mit wenigen Touristen. Den Flug von dort zu reconfirmen war sehr schwierig. Eine Telefonverbindung konnte weder auf der Post noch im Telefonamt hergestellt werden. Das Telefonbuch einer öffentlichen Kabine war in Thai-Schrift, eine Hotelangestellte versuchte während einer Stunde vergebens, eine Verbindung zu kriegen. Auf dem Telefonamt klappte es letztlich nach einstündigem Warten.
Danach setzten wir uns in ein Gartenrestaurant, wo wir uns bei einer Tasse Kaffee von den Strapazen erholten.
Am 23. und 24. ertönten in den Restaurants Weihnachtslieder, an einem Weihnachtsbaum blinkten farbige Lichter. Bäume, Sträucher und Kaktusstauden waren mit Watte überzogen, was nach Schnee ausschauen sollte. Dazu erklang auch mal Thaimusik und -gesang. Heiligabend verbrachten wir im Hotel Malaysia in Bangkok.
Wie in Indien, wird der Alltag der Thais durch die Religion bestimmt, dem Buddhismus. Auf jedem Grundstück steht ein Holzhäuschen oder ein Minitempel, je nach Reichtum der Besitzer. Der Standort wird üblicherweise von einem Astrologen bestimmt. Im Häuschen wohnen die Geister. Damit diese freundlich gesinnt sind, resp. bleiben, werden ihnen jeden Morgen Opfer dargebracht: Obst und Früchte, Räucherstäbchen werden angezündet. Diese Häuschen stehen auch in jedem Hotel, Spital, Schulhaus, usw. Täglich werden auch frische Orchideen «geopfert». Diese sind überall zu kaufen, sogar vom Auto aus an Strassenkreuzungen. Orchideen schmücken oft auch Autos und Busse.
Budget
Wir brauchten zusammen pro Tag, inkl. Coiffeur, Flughafen- und Visagebühren knapp sFr. 45.-! Nichts wurde uns gestohlen.
Wenn du es ganz genau wissen willst, oder weitere Fotos anschauen, …